Wer Zeuge einer Straftat wird, muss in kürzester Zeit entscheiden, ob er den Täter an der Flucht hindert oder sich darauf beschränkt, die Polizei zu rufen. Beides ist legitim und kann abhängig von der Situation die richtige Entscheidung sein. Das sagt der Gesetzgeber dazu, ob und wann ein Täter festgehalten werden darf.
Das Festhalten einer Person stellt einen Eingriff in deren Grundrecht auf Freiheit dar. Es entspricht damit dem Tatbestand der Freiheitsberaubung beziehungsweise der Nötigung. Im Sinne der Strafvereitlung oder Strafverfolgung ist es allerdings erlaubt, einen Täter vorübergehend festzuhalten. Das deutsche Strafprozessrecht legitimiert neben dem hoheitlichen Festnahmerecht der Polizei (§ 127 Abs. 2 StPO) auch ein Jedermanns-Recht (§ 127 Abs. 1 StPO). Danach dürfen selbst Minderjährige einen Täter festhalten, um ihn der Polizei zu übergeben.
Das Jedermanns-Recht ermächtigt jede Person in Deutschland auch ohne richterliche Anordnung dazu, die Flucht eines unbekannten Verdächtigen zu vereiteln, der auf frischer Tat ertappt wird. Dazu darf der Täter/Tatverdächtige festgehalten werden, bis die Polizei eintrifft. Der Tatverdächtige kann, sofern die Möglichkeit dazu besteht, vom eingreifenden Bürger auch selbst zur Polizeiwache gebracht werden.
Wehrt sich der Täter gegen die vorläufige Festnahme, darf er an Armen und Beinen gefesselt werden. Auch die vorübergehende Wegnahme seiner Autoschlüssel oder des Fahrrads als Fluchtgefährt ist gestattet. Gewaltanwendung ist grundsätzlich nicht statthaft, es sei denn, der Täter greift selbst an. Dann gilt die Gewaltanwendung gegen den Täter als Notwehr (§ 227 Abs. 2 BGB und § 32 StGB) und ist zulässig.
Bei einem Täter, dessen Identität bekannt ist, muss eine akute Fluchtgefahr bestehen, um ihn festhalten zu dürfen. Ansonsten riskiert der Festhaltende eine Anzeige wegen Nötigung, Freiheitsberaubung oder gar Körperverletzung. Außerdem ist stets die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Bei Delikten, die keine Straftat darstellen, gilt das Festhalten als unverhältnismäßig. Offensichtlich nicht schuldfähige Personen wie Kinder dürfen ebenfalls nicht festgehalten werden.
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