Ob es einen den Führerschein kostet oder nicht, kommt bei Rotlicht-Verstößen auf Sekunden an. Ist die Ampel nämlich länger als eine Sekunde rot, führt das zu einem Fahrverbot von mindestens einem Monat. Und anscheinend glauben einige Polizisten, sie könnten das ohne Messung beurteilen…
Während man normalerweise gegen die Messergebnisse stationärer Anlagen chancenlos ist, kann man gegen Zeugen durchaus ankommen. Dies gelang z. B. einem Autofahrer, der beim Überfahren einer roten Ampel von einem Polizisten beobachtet worden war. Und der Beamte behauptete vor Gericht, die Ampel hätte schon eine Sekunde Rot gezeigt, als der Autofahrer die Kreuzung überquerte.
Nach Ansicht des Richters reichte das für die Verhängung eines Fahrverbots allerdings nicht aus. Der Beamte hatte sich nämlich bloß zufällig in der Nähe aufgehalten. Und weil er eben nicht dienstlich zur Überwachung der Ampel eingeteilt war, hatte er auch keine Sekundenzählung vorgenommen, sondern einfach nur geschätzt. Aber auf das bloße Gefühl des Polizisten wollte sich der Richter dann doch nicht verlassen. Seine Entscheidung: Bußgeld ja, Führerscheinentzug nein!
Dabei gibt es Gerichte, bei denen Schätzungen durchaus erlaubt sind. So z.B. beim Amtsgericht Lüdinghausen. "Allerdings müsste es", laut diesen Richtern „noch weitere Indizien für ein Vergehen des Autofahrers geben. Zum Beispiel, dass der Polizist während seiner Beobachtung auf seine Uhr schaut, oder ein zweiter Beamter die Beobachtung bestätigt“.
Doch weil beides fehlte, durfte ein Autofahrer auch vor diesem Gericht seinen Führerschein behalten und kam mit 90.- € Bußgeld davon.
Verlass ist darauf allerdings nicht. Denn an einen „Nach-weis“ stellen die Gerichte keine besonders hohen Anforderungen. So reicht es den Oberlandesgerichten Hamm und Hamburg zum Beispiel, wenn ein Polizist ruhig von „21“ bis „22“ zählt - und dies dann vor Gericht aussagt.
Textbezogene Paragraphen / Urteile:
Amtsgericht Landstuhl: 4286 Js 12706/10, Amtsgericht Lüdinghausen: 19 OWi-89 Js 1024/14-97/14, Oberlandesgericht Hamm: 3 Ss OWi 55/09, Oberlandesgericht: Hamburg: III-117/04-3 Ss 114/04 OWi
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